Pyin Oo Lwin auf eigene Faust

Voller Vorfreude, Neugier aber auch mit gemischten Gefühlen trat ich heute recht früh meine völlig autonome weitere Erkundungsreise durch den Osten von Mandalay- Myanmar mit einem Motorrad an. Nachdem ich viel über und mit dem Verkehr gelernt habe, aber auch Artikel aus diesem Jahr gelesen habe, in denen von drakonische Strafen für Touristen erzählt wird, welche sich frei durch das Land bewegen und am Verkehr teilnehmen und anderen Texten in denen jemand von seiner ersten Motorrad-Rundreise berichtet. Ich habe mich für die absolut positive Grundhaltung entschieden, dass hier in der Region schon OK ist, schließlich hat mir das Hotel ohne irgendwelche Bedenken das Bike ja beschafft.

Mit der coolen Honda, wie geschaffen für die schlechten Straßen ging es erstmal zur Tankstelle. Der Tank war recht leer und mit soetwas Banalen wie ein leerer Trank wollte ich meine Fahrt von insgesamt 140 km nicht belasten. Hier war auch schon die erste Kostprobe des Straßenverkehrs in Mandalay – so viele Schilder gibt es nicht, der größte Teil ergibt und findet sich. Klar habe ich mich selbst auch etwas konditioniert, in Punkten wie Geschwindigkeiten: Fahre so schnell, wie der Schwarm, Voraussicht: alle anderen haben mehr Erfahrung und damit erstmal Vorfahrt, wenn es enger werden würde – Signale und Rückspiegel: hupe um zu zeigen, Achtung hier bin ich oder ich würde gern überholen, vieles im Straßenverkehr geht hier über das Gehör ab und klar –  nutze bei jeder Aktion deine Rückspiegel, da es keine Regel zu geben scheint, auf welcher Seite in einer Spur überholt wird. Das löst man halt mit dem Flow und dem kleinen freundlich gemeinten Antippen der Hupe.

Mit vollem Tank kann die Reise endlich kurz nach 7 losgehen. Erstmal raus aus dem KuddelMuddel in Mandalay. Ich schlage mich gut, werde aber wegen meiner hellen Hautfarbe und meiner Hosen von anderen Mitfahren beeugt. Für andere Fahrer schein ich kein Problem darzustellen. Also meinen Buff über die Nase bis unter die Sonnenbrille gezogen, was sowieso ratsam bei dem Smog ist. Bilde mir ein, dass es etwas wirkt, Leute schauen nicht mehr so viel.

Raus aus Mandalay wird die Straße erstaunlich gut und besser, als befürchtet. Linke und rechte Spur sind bis auf Ortschaften klar von einander getrennt. Meine Geschwindigkeit liegt bei 70 manchmal 80 km/h Überholung klappen und ich suche mir immer ein paar andere Bikes zur Orientierung. So nehm ich nicht jedes Schlagloch mit.

Die Strecke führt über kleine Dörfer, trockene Wassergräben, idyllische Landschaften mit Plantagen von Kaffee, Bananen, Organen und natürlich Reis. Es geht über engen Haarnadelkurfen die Berge hoch und hier erweist sich die Wahl auf mein Gefährt als wahrer Glücksgriff. Denn so kann man an den quälend langsamen Transporten und LKWs vorbeiziehen. Der Ausblick runter nach Mandalay lädt nach einer dreiviertel Stunde Fahrt zur kurzen Pause ein. Die ruckelige Straße macht sich in den Handgelenken bemerkbar. Außerdem ist es hier oben recht frisch, so dass ich mich etwas aufwärme.

Weiter Richtung Pyi Oo Lwin bin ich mit insgesamt 1 ½Stunden recht zügig durchgekommen. Dennoch wollte ich mich erstmal in der Stadt orientieren. So sah ich den berühmten Purcell-Uhrenturm der von den Briten, zu Ehren des britischen Philosophen und Asienforschers installiert wurde. Dieser erinnert an einen kleinen Big Ben und klingt stündlich auch so. Den selben Uhrenturm gibt es nochmals in Kapstadt. Alles hatte noch etwas den alten Charme der britischen Kolonialzeit. Neben den Autos gehörten auch noch Pferde-Kutschen zum normalen Stadtbild. Auch viele der alten Gebäude wiesen eine, für die Region doch untypische Architektur auf. Ich las mir also alles zur Umgebung in einer ziemlich guten Bäckerei mit tollen Kaffee ganz in Ruhe durch. Interessant war auch, dass sich hier eine der bedeutendsten militärischen Ausbildungszentren des Landes befindet und das merkt man dem Ort an – überall Uniformen. Als Zukunftsprojekt ist weiterhin hier von der Regierung das Silicon Valley von Myanmar geplant mit allem was dazugehört – IT-Uni, Unternehmen und gutes Klima 😉
Besonders fand ich noch, das gleich 4 Religionen bedient werden. Neben der typischen Pagode gibt es hier noch eine Moschee, eine Kirche und ein Hindu-Tempel. Ich lief alles zu Fuß ab und sah den ganzen Tag nur einen weiteren Europäer mit dem Fahrrad. Gegen 11 Uhr machte ich mich aber auf zu meinem eigentlichen Ziel der Tages-Reise – den Wasserfällen von Anisakan. Im Buch war die Anreise nicht gut beschrieben, weswegen ich etwas suchen musste. Diese Suche brachte mich aber an ein nicht beschriebenen Aussichtspunkt mit tollen Nobel-Restaurant, wie man es hatte auch in den Alpen in Meribel finden hätte können. Der Ausblick auf die verschiedenen Ebenen des Wasserfalls, die tolle bergige Landschaft zusammen mit dem europäischen sommerlichen Klima verschafften mir einen perfekten Ruheort für ein tolles und gar nicht teurem Mittag. Langsam werde ich auch preissensibel, da meine 14.000 kyat ( ca. 11 €) noch bis morgen zum Abflug reichen sollten, sonst müsste ich neues Bargeld abheben, was ich nicht unbedingt wollte.

Von hier aus konnte ich auch gut den Abstieg auf der anderen Seite erkennen und wusste wo ich in etwa abbiegen musste. Nach einer kurzen Fahrt lasse ich das Motorrad auf einem kleinen Parkplatz stehen und trete meinen Fußweg auf einem Pfad quer durch den Wald am Wasserfall entlang an. Es gilt 600 Höhenmeter abzusteigen. Als scheinbar einziger ausländischer Tourist werde ich freundlich von den mir entgegenkommenden Burmesen gegrüßt. An einer Stelle sehen ein paar gespannt hoch in die Bäume und rufen zu mir „there a monkey in the trees“. Tatsächlich hier leben Affen. Es war eine ganze Familie die zwischen den Bäumen umherhüpften. Klar hab ich gleich meine Kamera gezückt und Wildlife-Bilder geschossen. Auf dem Weg runter zu bekam ich noch ein tollen frisch geschnitzten Bambus-Spazierstock von einem Anwohner geschenkt, der gerade beim Aufbau einer kleinen Hütte war. Wow! Myanmar zeigt sich heute an meinem letzten Tag hier nochmals von seinen so eindrucksvollen Seiten, dass ich am liebsten noch 2 Wochen ranhängen würde.

Unten am Wasserfall angekommen wurde ich mit einem tollen Blick auf das türkise Wasser im Becken und einen laut tosenden sehr bezaubernden Wasserfall belohnt und wusste, das alles genau die richtige Entscheidung war. Hier unten war ich neben 5 Anwohnern allein und beschloss die Ruhe und Energie dieses Ortes zu genießen, in mich aufzusaugen mich so lange es geht in frischer Erinnerung an diesen tollen Moment zu erinnern. Neben den Wasserfall war noch eine kleine Pagode gebaut, die dem Gesamteindruck aus einem Fantasy-Film entsprungen zu sein verstärkte. Es war traumhaft und lässig die Reise aus Mandalay wert.

Auf dem Rückweg fuhr ich mit noch größerer Sicherheit und Spaß im Verkehr mit und wieder über die Bergkette diesmal dem Sonnenuntergang entgegen. Auch diese Erfahrung war für mich Gold wert. Pünktlich 17.30 vor dem Dunkel werden wieder am Hotel angekommen, merkte ich, wie ein Hochgefühl einsetzte, morgen mit so vielen Erfahrungen reicher die Rückreise anzutreten. Klar war ich etwas traurig, dieses atemberaubende Land mit all seinen Sonderbarkeiten, Widersprüchen, schöner Landschaft, wechselseitiger Vergangenheit und rasante Bewegung und Veränderungen in eine neue Zukunft. Ich bin mir sicher, dass Myanmar eines der sich am stärksten wandelnden Länder in Südostasien sein wird. Hoffentlich komm ich in ein paar Jahren nochmal hin. Ich denke in schon 5 Jahren wird vieles nicht wieder zu erkennen sein. Das Land und die tollen Menschen darin, machen es einem einfach eine Liebeserklärung nach diesen Erfahrungen auszusprechen.

Hoffentlich gelingt morgen alles mit den Flügen und dann war es ein kraftbringender, energiereicher Urlaub, von dem ich noch lange zeren werde.

Bilder-Link:
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